Porträt
Ursula Wicki
«Der Ton gibt den Ton an»
Wir wissen es, Ungeduld rächt sich. Beim Arbeiten mit Ton wird das durch seinen Charakter sichtbar. Ton hat ein Gedächtnis und mag keine schnellen Verarbeitungen. Dafür lohnt es sich, bei sich selbst die Gedanken abzuschalten.

Beruf/Ausbildung
MSc ETH in Umweltnaturwissenschaften,
Schwerpunkt Umweltsysteme und Politikanalyse
Funktion bei TBF
Projektingenieurin
Eintritt bei TBF
2019
Wie bist du zum Töpfern gekommen?
Zuerst war ich folgender Überzeugung: «Einfach schnell einen Kurs besuchen und dann wird das schon gelingen.» Ganz so einfach war das natürlich nicht. Obwohl ich seit jeher kreativ bin und es liebe, mit den Händen etwas zu schaffen, war ich mit meinen ersten Töpfer-Ergebnissen alles andere als zufrieden. Ich musste also weiter üben, verbessern und mit Geduld und Leidenschaft dranbleiben.
Als sich schliesslich die ersten Stücke langsam sehen liessen, machte ich mich auf die Suche nach einem Atelierplatz. Leider stiess ich überall auf Wartelisten. Um weitermachen zu können, besuchte ich darum weitere Kurse.
Schliesslich ergab sich die Möglichkeit, mein eigenes Atelier zu Hause einzurichten. Schritt für Schritt baute ich mir die nötige Infrastruktur auf. Jetzt kann ich meine kreative Reise fortsetzen und gleichzeitig meine Vision verwirklichen, auch anderen einen Raum zu geben, um ihre Kreativität entfalten zu können.
Was muss man unbedingt über das Arbeiten mit Ton wissen?
Nicht ich gebe den Ton an, sondern der Ton. Wenn ich nicht auf ihn höre, können Risse entstehen und ein schönes Stück kann sich im Ofen explosiv verhalten. Nach dem Brennen, wenn’s dann passiert ist, weiss ich meistens warum.
Je nach Ton-Struktur variiert sein Verhalten zusätzlich und er macht sein Ding. Es gibt noch viel zu lernen. Ich bin kein Fan von Theorie, ich muss ausprobieren können und lerne aus Scheitern und aus Erfolgen. Das ist es, was mich weitermachen lässt.
Was sind die Herausforderungen dabei?
Ich werde immer wieder überrascht. Man kann nicht wissen, wie etwas rauskommt. Die Glasur ist eine Blackbox. Die Farben verlaufen wie sie wollen und statt sich zu vermischen, trennen sie sich. Immer wieder nehme ich den Mut zusammen und versuche nicht zu genaue Vorstellungen zu haben, denn das Produkt kann kaputt gehen oder nicht so werden wie ich es mir vorgestellt habe. Ich arbeite deshalb daran, auch die «anders entstandenen Stücke» anzunehmen. Bei einem 6er Set Tassen beginne ich aber trotzdem clever mit 9 Stück, damit ich am Ende wählen und besser mit eventuellen Verlusten leben kann.
Was nimmst du für dich mit?
Es bereichert mich, etwas zu produzieren, das ich anfassen und sehen kann. Eine Tasse zu formen ist für mich etwas Besonderes. Das kreative Arbeiten im Atelier ist für mich ein Ausgleich und zugleich eine Belohnung. Dabei lerne ich Geduld zu haben – und was es heisst, Konzentration zu üben. Ich bin toleranter geworden mit meinen Stücken und habe gelernt mich über meine Ergebnisse zu freuen und stolz zu sein, auch wenn es die achte oder neunte Tasse ist. Jedes Stück ist ein Unikat.

Hast du einen Traum, wie es weiter gehen soll?
Ich träume davon, meine Leidenschaft weiterzuentwickeln – etwa durch einen Besuch einer Töpferschule in Sizilien, wo ich alte Techniken und spezielle Effekte kennenlernen möchte. Langfristig könnte ich mir vorstellen, mein Atelier zu öffnen für Kurse, Co-Working oder um Familie und Freunde an meiner Passion teilhaben zu lassen. Auch das Reisen und Töpfern an anderen Orten reizt mich sehr und es zu verbinden mit dem Erlernen neuer, internationaler Techniken.
Hast du einen Lieblingsmoment, den du teilen möchtest?
Die Spannung, jedes Mal, wenn ich den Ofen nach dem Glasurbrand öffne und endlich die fertigen Keramiken sehe.